Das Ziesel
Das Ziesel (Spermophilus citellus), ein mittelgroßes Hörnchen, ist eine seltene und streng geschützte Tierart, deren Vorkommen regional sehr unterschiedlich sein kann.
Das europäische Ziesel lebt in Kolonien, die nur wenige aber auch hunderte Tiere umfassen können. Jedes Individuum bewohnt einen selbst gegrabenen Bau mit einem Baueingang von 5 – 7cm. Die Hörnchen werden bis zu 24cm lang und wiegen 150 – 430g.
Ziesel sind tagaktiv und daher leicht bei der Nahrungssuche zu beobachten. Die Nahrung besteht vorwiegend aus Gräsern, Kräutern und Blüten, aber auch kleine wirbellose Tiere werden gerne gefressen. Dabei halten sie Männchen-machend nach Feinden (Fuchs, Iltis, Greifvögel, Krähen, Katzen…) Ausschau und warnen mit einem Pfiff ihre Artgenossen.
Von September/Oktober bis März halten Ziesel Winterschlaf, für den sie sich über den Sommer ein Fettdepot aufbauen müssen.
Vorkommen und Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet des Ziesels erstreckt sich über das östliche Mitteleuropa und südliche Osteuropa. In Österreich erreicht das Vorkommen seine westliche Verbreitungsgrenze und ist auf das pannonische Tief– und Hügelland beschränkt.
Ziesel brauchen als Lebensraum Grünflächen, die das ganze Jahr über kurzgehalten werden (durch Mahd oder Beweidung). Einzelne Sträucher, Gehölze oder kleinflächig hohes Gras auf der Fläche dienen als Deckung gegen Feinde. Der Boden muss tiefgründig und gut entwässert sein, da Ziesel in Bauen leben. Der Lebensraum des Ziesels sind daher Steppen- und Trockenrasen, Brachen, Wiesen und Weiden, begrünte Weingärten, Raine und Böschungen, aber auch Sekundärlebensräume wie Grünflächen von Gewerbegebieten, Flug- oder Golfplätzen oder Liegewiesen von Bädern.
Das Befahren von Ruhe- und Lebensstätten des Ziesels mit schweren Maschinen zum Zwecke der Mahd samt Abtransport des Mähgutes kann eine Bodenverdichtung bewirken, wodurch nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf das Erreichen der Oberfläche verhindert wird. Auch das Häckseln bzw. Mulchen kann durch das Eigengewicht der eingesetzten Maschine und des sich dadurch ergebenden Auflagedrucks Bodenverdichtungen verursachen. Daher ist es förderlich, auf Zieselflächen den Bewirtschaftungszeitpunkt so zu legen, dass die Ziesel bereits sicher aus dem Winterschlaf erwacht sind (ab April).
Die Stilllegung von Äckern, die Neuanlage und Vergrößerung von Brachen, Wiesen und Weiden, die Beweidung mit unterschiedlichsten Weidetieren (z.B. Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Bisons und Kamele) sowie die (kurzrasige, häufig gemulchte) Begrünung von Weingärten fördern Zieselvorkommen nachhaltig.
Auch der Verzicht auf Pestizide, keine Lagerung von Festmist sowie das Abtragen des Mähguts sind förderliche Maßnahmen auf Flächen mit Zieselvorkommen.
Das Bausystem von Zieseln (Baueingang, Nestkammer und Wohnkammer) befindet sich von der Erdoberfläche bis in eine Tiefe von ca. 1,5 – 2 Meter. Maßnahmen, auch im Rahmen der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, können daher zur Störung des Lebensraums und bei tieferen Bodenarbeiten auch zur Störung/Tötung von Individuen führen.
Maßnahmen, die die Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Tiere stören, beschädigen, zerstören oder wegnehmen, sind nach den gesetzlichen Vorgaben des § 18 NÖ NSchG 2000 verboten bzw. dürfen erst nach naturschutzbehördlicher Ausnahmegenehmigung vorgenommen werden.
Ein Vorgehen entgegen diesen Verboten bewirkt eine amtswegige naturschutzbehördliche Beurteilung und erforderlichenfalls Vorschreibung von Sanierungsmaßnahmen durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde.
Das Vorkommen bzw. der Lebensraum des Ziesels werden durch den Umbruch von Brachen und Wiesen und die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung, aber auch durch die Aufforstung von Wiesen und die Aufgabe der Bewirtschaftung geeigneter Flächen sowie zunehmende Verbauung und Zerschneidung des Lebensraums (Straßen, Siedlungen…) eingeschränkt oder sogar zerstört.
Interessenskonflikte können dann entstehen, wenn Ziesel auf kurz gehaltenen Flächen angesiedelt sind und das benachbarte Feld zur Nahrungssuche dient. Um zu verhindern, dass Ziesel teilweise auch Feldfrüchte nutzen, kann ein 5-6m breiter Grünstreifen angelegt werden, der i.d.R. eine Barriere für Ziesel bewirkt. Dies kann u.a. eine Glatthafer/Knäuelgras-Grünbrache oder ein Blühstreifen mit Leguminosen (z.B. Luzerne) sein. Wichtig ist dabei, dass der Blühstreifen sehr dicht und ausreichend hoch ist. Natürlich vorhandene Raine mit hoher Vegetation sollten erst gemäht werden, wenn die Feldfrucht geerntet ist. Handelt es sich beim Ziesellebensraum um einen Weingarten, der neben einem Acker mit Fraßschäden liegt, könnten die äußeren 2-3 Reihen des Weingartens später gemulcht werden oder sogar ganz vegetationsfrei gehalten werden. Ziesel mögen solche vegetationsfreien Flächen nicht und somit kann zumindest ein gewisser Lenkungseffekt erzielt werden.
Aktuelle Situation
Im letzten nationalen Bericht gemäß Artikel 17 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, Richtlinie 92/43 EWG) (2013 - 2018) wurde der Erhaltungszustand des Ziesels österreichweit als ungünstig/unzureichend (U1 = unfavourable-inadequate) eingestuft (http://eionet.europa.eu/article17).
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Im internationalen Recht ist das Ziesel als „geschützte Tierart“ in der Berner Konvention und in der FFH-Richtlinie (Anhang II und Anhang IV) verankert.
Seine Nennung im Anhang II der FFH-Richtlinie regelt, dass für den Erhalt dieser Art Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen (Gebietsschutz). Im Anhang IV sind all jene Tier- und Pflanzenarten gelistet, zu deren Populations- und Lebensraumschutz entsprechende Artenschutzbestimmungen einzuhalten sind (Artenschutz).
Die Vorgaben der FFH-Richtlinie sind im NÖ Naturschutzgesetz 2000 umgesetzt, die oben genannten und landesweit geltenden artenschutzrechtlichen Verbote in Bezug auf besonders geschützte Arten, wie das Ziesel, finden sich in § 18 Abs. 4 NÖ NSchG 2000. Für welche Arten dieser besondere Artenschutz gilt, ergibt sich aus der NÖ Artenschutzverordnung. In dieser sind, die in der FFH-Richtlinie genannten Arten sowie die speziell in NÖ besonders schützenswerten Arten gelistet und ist auch der jeweilige Gefährdungsstatus der Arten (d.i. beim Ziesel die Einstufung „vom Aussterben bedroht“) ausgewiesen.
Aktuelle rechtliche Grundlagen finden Sie unter Rechtliche Grundlagen für den Artenschutz.
Ihre Kontaktstelle des Landes für Naturschutz
Abteilung Naturschutz Landhausplatz 1, Haus 16 3109 St. Pölten E-Mail: post.ru5@noel.gv.at
Tel: 02742 / 9005 - 15237
Fax: 02742 / 9005 - 15220